Spaniens Regierung will ‚Blacklist‘ für Ärzte, die Abtreibungen ablehnen

Streit um Gewissensfreiheit

24.10.2025

Spanish Prime Minister Pedro Sanchez
Spaniens Premierminister Pedro Sánchez verteidigt die umstrittene „Blacklist“ Copyright by IMAGO / Anadolu Agency IMAGO / Anadolu Agency

Laut einem Bericht der Irish Times hat die spanische Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez die Regionalregierungen aufgefordert, Register von Ärzten anzulegen, die aus Gewissensgründen keine Abtreibungen durchführen möchten. Zugleich strebt Sánchez an, das Recht auf Abtreibung in der spanischen Verfassung zu verankern. Der Schritt hat eine heftige politische Debatte ausgelöst – 40 Jahre nachdem Abtreibung in Spanien erstmals legalisiert wurde.

Die Listen sollen laut Regierung nicht öffentlich einsehbar sein, sondern der besseren Organisation dienen. The Irish Times berichtet, dass die Regierung argumentiert, die Listen würden helfen, „den Zugang zu Kliniken zu erleichtern, in denen Abtreibungen verfügbar sind“. In einem Schreiben an säumige Regionen erklärte Sánchez, das Ziel sei, „Hindernisse zu überwinden, auf die viele Frauen stoßen, wenn sie ihr Recht auf Schwangerschaftsabbruch ausüben wollen“.

„Wer glaubt er, wer er ist, dass er für alle Frauen spricht?“

Mehrere Regionen – darunter Asturien, die Balearen und Aragón – haben sich bereit erklärt, entsprechende Listen zu erstellen. Die Region Madrid hingegen weigert sich, der Anweisung zu folgen. Deren Präsidentin Isabel Díaz Ayuso von der konservativen Volkspartei (PP) reagierte mit deutlicher Kritik: „Wer glaubt er, wer er ist, dass er für alle Frauen spricht?“, zitierte die Irish Times die Politikerin. Ayuso, die selbst zwei Fehlgeburten erlitten hat, warf Sánchez vor, das Thema „mit dem Ton eines kleinen Chauvinisten“ zu behandeln.

Während die Volkspartei (PP) das Thema in den vergangenen Jahren weitgehend vermied, um ihre katholischen Wähler nicht zu verärgern, führt Ayusos Haltung nun zu Spannungen innerhalb der Partei. Parteichef Alberto Núñez Feijóo reagierte mit dem Vorschlag, stattdessen ein Register jener Ärzte zu schaffen, die Abtreibungen durchführen, damit Frauen leichter erfahren könnten, an wen sie sich wenden können.

Gesetzliche Lage in Spanien

Abtreibung wurde in Spanien 1985 legalisiert und 2010 durch ein Gesetz ausgeweitet. 2023 folgte eine weitere Reform, die auch die Pflicht zur Führung solcher Ärzte-Register einführte und es Minderjährigen ab 16 Jahren erlaubt, ohne elterliche Zustimmung abzutreiben.

Lesen Sie hierzu mehr: Abtreibungen: Zahlen und Gesetze weltweit | 1000plus

Ministerpräsident will Abtreibung in der Verfassung verankern

Ministerpräsident Sánchez hat das Thema erneut in den Mittelpunkt gerückt, indem er ankündigte, das Recht auf Abtreibung in der spanischen Verfassung verankern zu wollen – ähnlich wie es Frankreich 2024 getan hat. Doch, wie The Irish Times berichtet, wäre dafür die Zustimmung der oppositionellen Volkspartei notwendig, die als unwahrscheinlich gilt.

Die aktuellen Entwicklungen werfen Fragen nach der Gewissensfreiheit medizinischer Fachkräfte auf. Die Pflicht zur Erfassung von Ärzten, die Abtreibungen ablehnen, könnte Druck auf medizinisches Personal ausüben, das seinem Berufsethos und seinem Verständnis von Lebensschutz treu bleiben möchte. Während die Regierung das Vorhaben als Fortschritt für die Rechte der Frau darstellt, sehen Befürworter der Gewissensfreiheit darin eine Einschränkung der persönlichen und beruflichen Integrität von Ärzten. Gleichzeitig droht in der aktuellen politischen Auseinandersetzung eines aus dem Blick zu geraten: die wirklichen Sorgen und Nöte, die viele Frauen in einen Schwangerschaftskonflikt führen – und die weit über die politische Debatte hinausgehen.

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