Große Zeit-Umfrage: Warum werden so wenige Kinder geboren?
Immer weniger Kinder in Deutschland – „Die Zeit“ begibt sich auf Ursachenforschung

Am 21. Mai wandte sich „Die Zeit“ an ihre Leser. Sie sollten in puncto Kinderlosigkeit bzw. Familienplanung aus dem Nähkästchen plaudern. Die Wochenzeitung findet es „auf den ersten Blick“ irritierend, dass „besonders in Ländern, in denen der Wohlstand wächst“, immer weniger Kinder zur Welt kämen. Je besser die finanzielle Lage, je besser die Betreuungsmöglichkeiten und je besser die medizinische Versorgung, desto mehr Kinder müssten die Menschen doch eigentlich bekommen.
Autorin Lisa Seelig wendet ein, dass Kinderlosigkeit nicht immer freiwillig sei, denn „fast jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos“, was allerdings nur ein kleiner Anteil aller Kinderlosen ausmacht. „Sind Kinder heute nur noch eine Möglichkeit unter vielen, weil das Leben so viele andere Optionen bereithält?“, fragt Seelig weiter und fügt hinzu, Kinder seien in puncto „Selbstverwirklichung“ ein Störfaktor. Das Leben verliere in den ersten Jahren nach der Geburt der Kinder an „Glamour und Spannung“, obgleich die Autorin - selbst Mutter dreier Kinder - verhehlt, dass eigener Nachwuchs das Leben anderweitig bereichert und Kinderlosigkeit oft mit Einsamkeit einhergeht, besonders später im Alter.
Die Zeit lässt linke Pro-Choice-Haltung durchblicken
Weiter schreibt die Autorin, wieder andere wollten heutzutage keinen Nachwuchs mehr in die Welt setzen, weil diese ihrer Meinung nach aufgrund der vielen Konflikte mittlerweile „kein guter Ort mehr für Kinder“ sei. Hinzu kämen finanzielle Sorgen.
Frauen könnten sich heute außerdem leichter „bewusst gegen Kinder“ entscheiden, denn das Leben halte nun auch so viele andere Dinge für sie bereit. Es stimmt natürlich, dass Frauen in früheren Zeiten mehr auf ihre Rolle als Mutter und Hausfrau reduziert wurden, als dies heute der Fall ist, doch kann man auch mit Kindern ein selbstbestimmtes Leben abseits der eigenen vier Wände, insbesondere der Küche, führen. Dank Kindergärten und Tagesmüttern können auch Mütter einem Beruf nachgehen, zumal heutzutage immer mehr Jobs auch im Home-Office ausgeübt werden, sodass man beides leichter unter einen Hut bekommen kann. Darüber hinaus hat das Internet gerade Müttern neue Optionen zur Selbstverwirklichung gegeben, etwa die Möglichkeit als „Mamablogger“ oder freie Autorin online aktiv zu sein.
Viele Fragen – viele Antworten
Weiter stellt Seelig fest, dass die gewünschte und tatsächliche Kinderzahl bei den meisten Deutschen immer weiter auseinanderliege - zulasten der tatsächlichen Kinderzahl. Aus diesem Grund stellt die Zeit ihren Lesern die folgenden Fragen: „Wie viele Kinder betrachten Sie als ideal für eine Familie? Und wie viele Kinder haben Sie tatsächlich oder werden Sie voraussichtlich bekommen? Falls diese Zahlen voneinander abweichen: Was hält Sie ganz konkret davon ab, ein Kind oder ein weiteres Kind zu bekommen? Und wie fühlen Sie sich damit?“
Erwartungsgemäß fielen die Antworten der Leser sehr unterschiedlich aus. Viele gaben finanzielle und materielle Sorgen als Grund für ihren Verzicht auf (weitere) Kinder an. Anna, 32 aus Berlin schreibt etwa: „Mit unserem heutigen Einkommen könnten wir die steigenden Mieten kaum stemmen, geschweige denn die Betreuungskosten oder Urlaube für ein Kind.“
Michael, 29 aus München, meint: „Die Inflation frisst unser Erspartes auf. Zurzeit wäre es finanziell schlicht nicht möglich, ein Kind großzuziehen.“
Viele Leser geben als Grund für ihre wenigen bzw. nicht vorhandenen Kinder berufliche Perspektiven und Selbstverwirklichung an. Die 34-jährige Laura aus Köln behauptet, „mit einem Kind würde meine Karriere derzeit komplett zum Stillstand kommen - und darauf kann ich nicht verzichten.“
Tobias, 31 aus Stuttgart schreibt, er „strebe gerade eine Führungsposition an und möchte mich voll darauf konzentrieren. Kinder würden mir diese Chance nehmen.“
Zahlreiche Leser nannten zudem gesundheitliche und biologische Gründe. Sophie, 30 aus Hamburg meint, in ihrer Familie sei Endometriose weit verbreitet, daher habe sie „große Angst vor Schwangerschaftskomplikationen und will das Risiko nicht eingehen“.
Nina, 35 aus Frankfurt schreibt: „Meine Schwangerschaft vor zwei Jahren endete in einer Frühgeburt mit Komplikationen - seitdem habe ich panische Angst vor einem weiteren Risiko.“
Des Öfteren wurden auch Zukunfts-, Umwelt- und Krisenängste als Grund für wenige oder keine Kinder angegeben. Laura, 30 aus Leipzig verweist auf „Naturkatastrophen und Wasserknappheit“, die „in den nächsten Jahrzehnten zunehmen“ würden, das „Risiko ist mir zu groß“.
Ein anonymer Kommentator erwähnt „weltweite Wirtschaftskrisen und gesellschaftlichen Zerfall - wer weiß, ob es in 20 Jahren noch sichere Jobs und soziale Netze gibt?“.
Manche Leser bemängelten auch zu wenig Unterstützung seitens der Familie und Gesellschaft. Patrick, 35 aus Köln stört: „In meiner Familie gibt es niemanden, der uns bei den Kindern aushelfen kann - und staatliche Angebote sind viel zu unzuverlässig und teuer.“
Sabrina, 29 aus Berlin bemängelt: „Wir wohnen zu weit entfernt von allen Verwandten, und die Krippenplätze sind hier innerhalb von Minuten vergeben. Das macht jede Planung unmöglich.“
Weitere öfter genannte Ursachen für ein Leben ohne oder mit nur einem Kind sind der fehlende passende Partner oder instabile Beziehungen, eine medizinisch bedingte Unfruchtbarkeit, die Angst vor Lebensveränderungen und der Verantwortung, die man für Kinder hat. Manche äußerten auch, sie hätten schlicht keine Lust auf Kinder und zweifelten an der eigenen Eignung als Elternteil.
Menschen mit Kinderwunsch brauchen mehr Unterstützung
Die Zeit-Umfrage zeigt, dass sehr viele Deutsche freiwillig kinderlos sind oder sich bewusst für nur ein einziges Kind entscheiden, da sie sich durch Kinder beruflich und finanziell eingeschränkt fühlen; sie gerne mehr Unterstützung seitens der Großeltern hätten; Kriege und sonstigen Krisen fürchten oder schlicht nicht den passenden Partner haben bzw. diesen zu spät kennengelernt haben.
Es wird deutlich, dass sich berufstätige junge Menschen mit Kinderwunsch mehr Unterstützung wünschen, etwa durch die eigene Familie oder das soziale Umfeld. Ebenfalls hilfreich wären Steuerentlastungen oder mehr Betreuungsmöglichkeiten. Aber ganz grundsätzlich fehlt es an einer wirklichen Begeisterung für Kinder.
Dass immer mehr Menschen aufgrund eines fehlenden Partners kinderlos bleiben, ist heute weit verbreitet. Dem liegt auch ein Optimierungsglaube zugrunde, der davon ausgeht, es käme immer ein noch besserer Partner - bis es dann irgendwann zu spät ist für Kinder.
Zweifellos bewegen uns die Unsicherheiten unserer Zeit – politische Spannungen, wirtschaftliche Instabilität, neue Herausforderungen. Doch die Geschichte zeigt: Auch in schwierigen Epochen wurden Kinder geboren, sind Menschen aufgewachsen, haben Hoffnung getragen und Zukunft gestaltet.
Die Entscheidung für Ehe und Familie ist letztlich eine Frage der persönlichen Werte, der kulturellen Prägung und der inneren Haltung zum Leben. Wer ein tiefes Ja zu seinem eigenen Leben, zu seiner Geschichte und Kultur findet, entwickelt oft auch den Wunsch, etwas weiterzugeben – und damit die Bereitschaft, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen
Gerade in Zeiten der Verunsicherung ist der Aufbau einer Kultur des Lebens – einer Kultur, die Mut macht, Vertrauen stärkt und Zukunft ermöglicht – eine der wichtigsten Aufgaben.
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