Schock für Hebammen: Neue Regelung führt zu Unterbezahlung
Aufruf zu bundesweiten Protesten

DEUTSCHLAND. „Wir sollen künftig weniger Geld für mehr Arbeit bekommen“ – mit diesem Satz bringt Hebamme Brigitte Hülden die aktuelle Krise auf den Punkt. Bundesweit protestieren derzeit Hebammen gegen eine Neuregelung der Vergütung, die ab 1. November 2025 in Kraft treten soll. Vor allem freiberufliche Beleghebammen sehen sich durch den sogenannten Hebammenhilfevertrag wirtschaftlich massiv bedroht.
Kernproblem: Geplante Kürzungen und Vergütungsabstaffelung
Wie der WDR berichtet, sieht der neue Vertrag vor, dass bestimmte Leistungen – etwa Wochenenddienste oder die U1-Untersuchung nach der Geburt – künftig nicht mehr vergütet werden. Besonders große Empörung löst die geplante Regelung aus, nach der eine volle Bezahlung künftig nur noch bei der sogenannten 1:1-Betreuung erfolgen soll. Das bedeutet: Eine Hebamme darf sich ausschließlich um eine einzige Gebärende kümmern – eine Betreuungssituation, die im Klinikalltag oft nicht realisierbar ist. Muss eine Hebamme mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen, gibt es im Gegenteil sogar finanzielle Abschläge. Dies führe zu faktischen Einkommensverlusten von bis zu 30 Prozent, so der Vorstand des Heinsberger Krankenhauses.
Eine weitere Folge, die viele Fachkräfte im Gesundheitswesen befürchten: Das geplante Vergütungssystem mache den Hebammenberuf langfristig unattraktiv. Schon jetzt gibt es zu wenig Nachwuchs – die Lage könne sich weiter verschärfen.
Hebammen fürchten um ihre berufliche Zukunft
Wie BR24 berichtet, wird in Bayern rund 80 Prozent der klinischen Geburtsbegleitung von freiberuflichen Hebammen übernommen. Viele dieser Hebammen befürchten, künftig weniger zu verdienen als noch im Jahr 2008. Für Wochenend-, Nacht- und Mehrfachdienste sei keine gesonderte Vergütung mehr vorgesehen, kritisiert Evelyn Zach vom Klinikum Großhadern. Die Hebammen sehen sich gezwungen, unter immer schwierigeren Bedingungen zu arbeiten – bei gleichzeitig wachsendem Personalbedarf. Die neue Stundenvergütung ignoriere den tatsächlichen Alltag im Kreißsaal.
Krankenkassen: Höhere Gesamtvergütung, aber mit Haken
Der GKV-Spitzenverband hält dagegen. Laut BR24 betont der Verband, die neue Regelung stärke die Geburtshilfe. Die Stundensätze für die 1:1-Betreuung würden sogar mehr als verdoppelt. Insgesamt sei eine dreistellige Millionensumme für Hebammenleistungen eingeplant. Doch die Realität in den Kreißsälen lässt diese Theorie kaum umsetzen: Die geforderte 1:1-Betreuung ist laut Hebammen oft gar nicht möglich – das Personal dafür fehlt.
Petition „Frauen zahlen den Preis“ prangert weitere Missstände an
Zusätzlich zur Vergütungsdebatte thematisiert der Deutsche Hebammenverband (DHV) mit seiner Petition „Frauen zahlen den Preis“ gravierende strukturelle Mängel in der Geburtshilfe. Laut Petition – die inzwischen über 200.000 Menschen unterschrieben haben – berichtet ein Drittel der Frauen von einem Geburtstrauma, 42,8 Prozent sogar von Eingriffen ohne ihr Einverständnis. Diese Zahlen stammen aus einer vom DHV in Auftrag gegebenen Umfrage. Zudem bestätigt die WHO, dass Deutschland mit 31,8 Prozent eine überdurchschnittlich hohe Kaiserschnittrate aufweist. Ein Kaiserschnitt lohnt sich für Kliniken finanziell oft mehr als eine natürliche Geburt.
Die Petition erhebt klare Forderungen an die Politik: Sie verlangt eine gesetzlich verankerte 1:1-Betreuung unter der Geburt, ein flächendeckendes Versorgungsnetz mit Hebammenhilfe rund um die Uhr sowie verbindliche Qualitätskriterien, die das Geburtserleben der Frauen in den Mittelpunkt stellen. Der DHV sieht die neue Vergütungsregelung als Rückschritt für die Geburtshilfe und ruft zu weiteren Protesten auf.
Ein katastrophales Signal inmitten der demografischen Krise
Geburten brauchen einen Rahmen, der von Schutz, Respekt und kompetenter Begleitung geprägt ist. Eine hochwertige Geburtshilfe ist entscheidend für die körperliche und seelische Gesundheit von Frauen und (un-)geborenen Kindern – und damit Ausdruck einer Haltung, die das Leben in all seinen Phasen würdigt. An einer hochwertigen Geburtshilfe zu sparen und den Hebammenberuf zunehmend unattraktiv zu machen, ist in Zeiten der demografischen Krise besonders fatal und ein katastrophales Signal.
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