30 Jahre Kompromisslösung im deutschen Abtreibungsrecht
Zwischen Selbstbestimmung und Lebensschutz

Vor 30 Jahren – am 1. Oktober 1995 – trat das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) in Kraft, das das Abtreibungsrecht in Deutschland grundlegend reformierte. Ab diesem Tag konnten Frauen in Deutschland innerhalb der ersten zwölf Wochen nach einer obligatorischen Beratung einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Die Beratung sollte laut dem Gesetzgeber Frauen zwar zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen, aber ergebnisoffen bleiben. Ein Abbruch ist diesem Gesetz nach grundsätzlich rechtswidrig, kann jedoch unter den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen straffrei durchgeführt werden. Parallel dazu wurde gesetzlich geregelt, dass bedürftige Frauen eine Kostenübernahme für Abtreibungen erhalten.
Historischer Hintergrund
In den Jahrzehnten vor dem Inkrafttreten des SFHÄndG war die Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland von ständigen Änderungen und politischen Auseinandersetzungen geprägt. Reformversuche in den 1970er-Jahren führten dazu, dass erstmals intensiv über die Legalisierung von Abtreibungen diskutiert wurde. Mit der Wiedervereinigung 1990 rückte der umstrittene §218 des Strafgesetzbuches erneut in den Fokus: Während in der DDR seit 1972 die Fristenregelung galt und Abbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftswoche grundsätzlich möglich waren, waren sie in der BRD nur in Ausnahmefällen erlaubt, ohne festgelegte Frist.
Um eine einheitliche Regelung zu schaffen, beschloss der Bundestag 1992 eine Kombination aus Fristen- und Beratungslösung: Nach einer verpflichtenden Beratung sollte ein Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen straffrei bleiben, obwohl er formal rechtswidrig war.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte 1993 Teile der Rechtslage für verfassungswidrig, da das Grundgesetz dem Schutz des ungeborenen Lebens verpflichtet ist. Das Urteil von 1993 forderte eine Neuregelung, mit dem Ziel Selbstbestimmungsrecht der Frau und Lebensrecht des Kindes gesetzlich besser abzuwägen. Diese Neuregelung wurde schließlich im SFHÄndG von 1995 umgesetzt.
Bis heute bildet das am 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Gesetz, geregelt in den §§218 und 219, die rechtliche Grundlage für Abtreibungen: Frauen erhalten nach staatlicher Beratung einen Beratungsschein, der für eine straffreie Abtreibung innerhalb von zwölf Wochen notwendig ist. Diese Regelung ist mit einer dreitägigen Bedenkzeit verbunden, um eine bewusste Entscheidung zu ermöglichen.
Haltung der Römisch-katholischen Kirche
Papst Johannes Paul II. bekräftigte 1998 das Anliegen der Kirche, das ungeborene Leben zu schützen. Daher dürfen katholische Beratungsstellen wie Caritas und SKF keine Beratungsscheine mehr ausstellen, da diese Voraussetzung für straffreie Abtreibungen sind. Die Kirche möchte durch diesen Schritt sicherstellen, dass ihre Beratungsarbeit klar auf den Schutz des Lebens und auf lebensbejahende Entscheidungen ausgerichtet bleibt. In Reaktion darauf entstand 1999 der Verein Donum Vitae, der außerhalb kirchlicher Strukturen Beratung und Ausstellung der Scheine anbietet.
Haltung der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD)
Die EKD plädiert 2023 für die Legalisierung von Abbrüchen in frühen Schwangerschaftsstadien, während ab der 22. Woche Ausnahmen strafrechtlich geregelt bleiben sollen. Sie betont jedoch die Bedeutung verpflichtender Beratung, um sowohl den Lebensschutz als auch die Selbstbestimmung der Frau zu wahren. Innerhalb der EKD gibt es kontroverse Diskussionen über diese Haltung.
Beratungsstelle Profemina
Das Beratungsangebot von Profemina wird von 1000plus finanziert. 1000plus-Profemina hat das Ziel, schwangeren Frauen im Schwangerschaftskonflikt beizustehen, ihnen Beratung, Unterstützung und Orientierung anzubieten. Ihr Hauptanliegen ist es, Frauen dabei zu unterstützen, eine gut informierte Entscheidung im Einklang mit ihrem Herzen zu treffen, indem sie nicht nur umfassend über Alternativen aufgeklärt werden, sondern auch konkrete Hilfe und Unterstützung angeboten bekommen. Pro Femina ist keine staatliche Beratungsstelle und stellt keine Beratungsscheine aus, die für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch Voraussetzung sind. Stattdessen konzentriert sich Pro Femina auf individuelle, ergebnisoffene Gespräche und bietet konkrete Hilfe für schwangere Frauen in schwierigen Lebenslagen.
In der aktuellen politischen Debatte um die gesetzliche „Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs", zu der SPD, GRÜNE und LINKE Ende 2024 einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht und darin die teilweise Legalisierung der Abtreibung gefordert hatten, hat 1000plus-Gründer Kristijan Aufiero klar und deutlich Stellung bezogen.
Bei der Anhörung der Sachverständigen in der Rechtsausschusssitzung im Februar 2025 warnte er eindringlich vor dem ethischen Dammbruch und den gesamtgesellschaftlichen Folgen einer Legalisierung der Abtreibung und warb im Namen tausender verzweifelter Schwangeren für echte HILFE statt Abtreibung.
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